40 Millionen Kindergeld an Rentner ins Ausland

Fast ein Drittel aller Kinderrenten, die durch eine Altersrente ausgelöst werden, fliesst ins Ausland: Der grösste Teil davon nach Frankreich, Deutschland und Italien. Doch gemessen am Frankenbetrag ergibt sich eine andere Reihenfolge: Frankreich, Italien, Thailand.

Thailand gilt als Rentnerparadies. Das spiegelt sich auch in der Statistik der Kinderrenten, die durch eine Altersrente ausgelöst werden. Im zurückliegenden Jahr haben die Ausgleichskassen 3,9 Millionen Franken für Kinderrenten ins Königsreich überwiesen.

Gegenüber 2010 entspricht dies einer Steigerung um 160 Prozent. Damit liegt Thailand nach Frankreich und Italien bereits an dritter Stelle und hat Deutschland und Spanien gemessen an der Summe überwiesener Kinderrenten überholt.

Aufgepasst. Es sind nicht die Kinder, die Anspruch auf Kinderrenten haben, sondern Väter und Mütter, falls sie eine Rente der IV oder der AHV bekommen. Die Kinderrente beträgt 40 Prozent der Vollrente. Bei voller Beitragsdauer sind das je nach Durchschnittseinkommen zwischen 474 und 948 Franken pro Kind.

Dass IV-Rentner Anspruch haben auf eine Zusatzrente für Kinder bis 18 Jahren oder bis zum Ende ihrer Ausbildung von höchstens 25 Jahren ist ziemlich unbestritten. Fragwürdiger ist jedoch der Anspruch auf Kinderrenten für AHV-Rentner. So gab es in Bundesbern verschiedentlich Bemühungen, diese Papi-Renten zu streichen – bisher ohne Erfolg. Gewiss, es gibt auch Mami-Renten, biologisch bedingt jedoch deutlich weniger.

Weil also immer mehr Männer auch im fortgeschrittenen Alter noch Kinder zeugen, nimmt die Zahl der Kinderrenten von Jahr zu Jahr zu – seit 2010 um 44 Prozent, in Franken gerechnet gar um 52 Prozent. Hier ist ausschliesslich von Kinderrenten die Rede, die von einer Altersrente, nicht aber einer IV-Rente ausgelöst werden.

Doch wie kommt es, dass fast dreimal so viele Seniorenrenten nach Deutschland gehen als nach Thailand, in Franken gemessen aber Deutschland hinter Thailand liegt? «Der Grund dafür ist die unterschiedliche Rentenhöhe», sagt Ann Bauer, stellvertretende Leiterin des Bereichs Datengrundlagen und Analysen im Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV), die für Swissinfo die Zahlen aufgearbeitet hat. Wie auch die Altersrenten berechnen sich die Kinderrenten nach dem massgebenden Einkommen und der Anzahl der Beitragsjahre.

Hat man also keine volle Beitragszeit von 44 Jahren, wird die Rente entsprechend gekürzt.

Im Falle von Italien, Deutschland, Spanien und Portugal sind es vor allem Heimkehrer, die Anspruch auf eine AHV-Rente und unter Umständen eben auch auf Kinderenten haben. Sie kommen häufig nicht auf 44 Beitragsjahre und müssen daher mit einer Teilrente Vorlieb nehmen. Nach Thailand zieht es jedoch fast ausschliesslich Schweizer, die häufig keine Beitragslücken aufweisen und damit auf eine höhere Rente kommen.

A Propos Portugal: Es macht ganz den Anschein, dass immer mehr Portugiesen nach getaner Arbeit in ihre Heimat zurückkehren. Portugal verzeichnet einen noch grösseren Zuwachs als Thailand. In absoluten Zahlen liegt aber Portugal immer noch deutlich hinter Thailand – sowohl was die Anzahl Kinderrenten sowie die Summe in Franken betrifft.

Im Frühling vergangenen Jahres wollte die grosse Kammer im Bundesparlament die Kinderenten von 40 auf 30 Prozent der AHV-Rente kürzen. Zudem wollte man den irreführenden Begriff Kinderrente durch «Zusatzrente für Kinder» ersetzen.

Soweit kommt es nicht. Die Ständeräte lehnten dies ab. Sie taten das vor allem wegen der IV-Rentner, kaum jedoch wegen der AHV-Rentner. Denn fast die Hälfte aller IV-Rentnerinnen und IV-Rentner sind auf Ergänzungsleistungen angewiesen. Werden weniger Kinderrenten ausgeschüttet, erhöhen sich damit automatisch die Ergänzungsleistungen. Und diese wiederum sind mehrheitlich von den Kantonen zu berappen.

Erschienen auf Swissinfo am 9. Juli 2020