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Baume-Schneider startet ohne lorbeeren

Aktualisiert: 22. Apr. 2024

«Liebe Frau Amherd, bitte retten Sie das BVG». Das schrieb Schweizer Personalvorsorge in der Juli-Ausgabe. Nach ein paar Pannen steht aber die Walliserin nicht mehr so hoch im Kurs wie vor einem halben Jahr. «Was interessiert mich das Geschwätz von gestern», bleibt uns mit Konrad Adenauer zu kalauern.

 

Noch tiefer im Kurs steht Elisabeth Baume-Schneider: Sie landete bei der Bundesratserneuerungswahl auf dem letzten Platz. Ausgerechnet sie übernimmt das wichtige Innendepartement, laut «NZZ am Sonntag» den «härtesten Job im Bundeshaus». Oder wie es der auf allen Kanälen präsente Politgeograf Michael Hermann auf X zwitscherte: «Zwei Schlüsseldepartemente - EDI und EDA - in der Hand zweier Personen an der Grenze zur Überforderung.»

 

Die glücklose Jurassierin soll es also richten. Immerhin: Sie wird keine Vorschusslorbeeren ernten können. Das ist ihre Chance, positiv zu überraschen. Wobei hier gesagt sein soll: Das Bashing, das die 60-jährige von rechter Seite ertragen muss, ist verstörend. Man vergisst es gerne: Die Bürgerlichen waren es, die Baume-Schneider zur Wahl in das Siebnergremium verhalfen, um mit Eva Herzog die deutlich stärkere Kandidatin zu verhindern. Eva Herzog hätte aufgrund ihres Leistungsausweis als Finanzdirektorin in Basel-Stadt Karin Keller-Suter das Finanzdepartement streitig machen können.

 

So oder so wird kaum matchentscheidend sein, wie gut sich die Halterin von Schwarznasenschafen in den einschlägigen Politsendungen metzget. Entscheidend wird es sein, ob es den Befürwortern der BVG-Revision gelingt, mit Fakten statt mit Emotionen zu punkten. Fakt ist, dass der so genannte Sozialpartnerkompromiss nicht zur Diskussion steht. Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben die Wahl zwischen dem Revisionsvorschlag und dem Status quo. 

 

Das mag trivial klingen. Doch bisher haben es die Linken verstanden, die zur Abstimmung kommende BVG-Revision gegen den vom Bundesrat übernommenen Sozialpartnerkompromiss auszuspielen. Ja, aus linker Sicht ist der ursprüngliche Vorschlag des Bundesrats besser. Aber er steht nicht zur Debatte.

 

Ohne ideologische Brille müssten auch die Linken eingestehen, dass der Revisionsvorschlag für Arbeitnehmende mehr Vorteile als Nachteile verspricht. Die einzige Gruppierung, die nur Nachteile schultern muss, sind die KMU. Sie haben höhere Sozialkosten in Kauf zu nehmen, ohne dafür einen Gegenwert zu erhalten.

 

SGK-N mit acht neuen Gesichtern

 

In einem anderen Fall interessiert das Geschwätz von gestern: «Es wäre im Interesse der beruflichen Vorsorge, wenn SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr aus Romanshorn in der SGK-N Einsitz nimmt». So stands vor Monatsfrist in diesen Spalten, nachdem die Betriebsökonomin Anfang September in der Arena zum Thema BVG zu überzeugen wusste. Der Wunsch ist erfüllt worden: Die Thurgauerin ist eines von acht neuen Gesichtern in der nationalrätlichen Sozial- und Gesundheitskommission (SGK-N).

 

Und sonst? Mit den Freisinnigen Cyrill Aellen (GE) und Kris Vietze (TG) sowie den SVP-Mitgliedern Vroni Thalmann-Bieri und Remy Wyssmann sitzen vier Bürgerliche in der SGK-N, die eben erst ins nationale Parlament gewählt wurden. Dabei hat Wyssmann, Anwalt in Oensingen, mit einer Fülle von Anfragen bereits markiert.

 

Die SP stellt ihre erste Garde

 

Bei der SP hingegen müssen neu Gewählte ihre Sporen in weniger wichtigen Gremien abverdienen. Neu in der SGK-N sind die beiden bisherigen Nationalrätinnen Sarah Wyss und Samira Marti. Wyss ist derzeit auch Präsidentin der Finanzkommission und Marti die Co-Fraktionspräsidentin der SP. Dabei sitzen mit Mattea Meyer als Co-Präsidentin der nationalen SP und der Gewerkschafterin Barbara Gysi zwei bekannte Frauen in der SGK-N. Gysi ist neu deren Präsidentin.

 

Wobei zu präzisieren ist, dass mit der Bernerin Flavia Wasserfallen und insbesondere mit dem Gewerkschaftsboss und ehemaligem Waadtländer Gesundheitsdirektor Pierre-Yves Maillard zwei grosse Nummern von der grossen in die kleine Kammer wechseln. Sie werden dort, wie nicht anders zu erwarten, in der Sozialkommission Einsitz nehmen.

 

 

Für die SVP ist der Bund zu grosszügig

 

Anderes Thema: Der Ständerat behandelte in der zurückliegenden Herbstsession zwei Motionen der SVP, die die Altersgutschriften der Publica betreffen. SVP-Ständerätin Esther Friedli findet es grundsätzlich gut, dass der Bund als attraktiver Arbeitgeber für motivierte Mitarbeitende sorgt. «Doch bei den Beiträgen an die berufliche Vorsorge geht der Bund zu weit, aus meiner Sicht viel zu weit», so die St. Gallerin mit Berner Wurzeln. Sie erinnert daran, dass die meisten Kantone zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern eine Aufteilung von 55 zu 45 hätten; in der Privatwirtschaft komme 50 zu 50 am häufigsten vor; derweil der Bund ein Verhältnis von 70 zu 30 kenne. Mit der Motion 2239.60 verlangt die SVP, dass die Sätze der Altersgutschriften, die vom Bund für seine Angestellten bezahlt werden, das gesetzliche Minimum höchstens um 5 % übersteigen dürfen. Und gemäss der Motion 2239.59 soll der Anteil der zu bezahlenden Beiträge in der beruflichen Vorsorge zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber stets im Verhältnis 45 zu 55 liegen. 

 

Als Beispiel für die grosszügigen Leistungen der Publica nennt Friedli die Altersgutschrift eines 55-jährigen Kaderangestellten der Lohnklasse 24 bis 38. Mit der Altersgutschrift von 37,1 % übernehme der Bund als Arbeitgeber zwei Drittel. «Diese Grosszügigkeit ist eine vom Bund geschenkte und vor allem auch von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahler finanzierte Mehrleistung von stolzen 15,3 % des Bruttolohnes», rechnet Friedli vor, die erst seit Ende Mai 2023 als Nachfolgerin des SP-Urgesteins Paul Rechsteiner im Ständerat sitzt.

 

Wobei «Schweizer Personalvorsorge» schon in der letztjährigen Mai-Ausgabe darauf hingewiesen hat, dass sich die genannte Mehrleistung von 15,3 % nicht auf den Bruttolohn bezieht, wie in der Begründung der Motion fälschlicherweise geschrieben steht, sondern auf den versicherten Lohn.

 

Das ändert jedoch nichts daran, dass der Ständerat Mitte Dezember die beiden Motionen mit 31 zu 10 Stimmen abgelehnt hat. Exakt ein halbes Jahr zuvor hatte der Nationalrat beiden Motionen mit 115 zu 70 Stimmen stattgegeben.

 

Bericht kommt im Sommer

 

«Entscheidend ist letztlich das Gesamtpaket», erklärt SP-Ständerat Daniel Jositsch, Sprecher der Staatspolitischen Kommission. Die berufliche Vorsorge sei nur ein Teil davon. Und Finanzministerin Karin Keller-Suter verweist auf zwei gleichlautende Postulate, die der Ständerat in der Sommersession angenommen hat. Ständerat Philippe Bauer und Nationalrat Philippe Nantermod, beide FDP, verlangen vom Bundesrat, die Arbeitsbedingungen im öffentlichen und privaten Sektor auf Bundes- und auch Kantonsebene zu vergleichen. Laut Keller-Suter dürfte der Bericht im Sommer 2024 vorliegen.

 

 

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Erschienen in «Schweizer Personalvorsorge» Mitte Januar 2024


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