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Nach dem Lauf gibts eine Banane – und auch mal zwei

Was macht ein regelmässiger Teilnehmer am Grand Prix von Bern, wenn er nicht mehr laufen kann? Er verteilt Bananen. Ein Erlebnisbericht.



Das Bananenverteilen ist Networking pur - hier mit SVP-Nationalrat Albert Rösti.


Peter Vollmer ist nicht zu schlagen. Zum 34. Mal wurde heuer der Grand Prix von Bern ausgetragen; zum 34. Mal ist der ehemalige SP-Nationalrat am grossen Lauffest dabei. Trotz seiner 69 Jahre brauchte er dazu nur rund 1:35. Dass ich ihm dafür eine Banane überreichen durfte, ist für mich ein kleiner Trost.


Ich weiss nicht, wie oft ich die zehn schönsten Meilen der Welt abspulte. Wahrscheinlich so gegen die zwanzigmal. Weil die linke Hüfte Schaden nahm, verteile ich jetzt Bananen. Eine logische Fortsetzung meiner Läuferkarriere. In der Nacht auf Samstag schlafe ich schlecht und bin leicht nervös, als ob ich selber laufen würde. Auch als Mitglied der Bananencrew gehört man irgendwie dazu.


Um 11.45 Uhr ist Antreten. Bananenkisten kenne ich sonst nur vom Zügeln. Hier sind sie mit Bananen gefüllt, die auf den langen Tischen zu stapeln sind. 29'000 Stück sollen es sein. Die Migros muss sie mehrere Wochen vorher bestellen, damit sie in Schönbühl noch fünf Tage reifen können.


Kaum sind wir mit Stapeln fertig, kommen die Ersten ins Ziel: Die Kleinsten der Kleinen vom Bären-Grand-Prix. Jööö, sind die herzig. Muki/Vaki nennt sich die Kategorie. Die Fünf- und Sechsjährigen laufen in Begleitung. «I bi mim Brüetsch dervogsprunge», sagt die Kleine keck. «I ha nid gärn Banane», entschuldigt sich die Nächste. Fast alle sagen sie schön Merci. Und wenn ihnen das Dankesagen nicht selber in den Sinn kommt, sagt der Vater: «Säg schön Merci.»


Die alleine rennenden U-8 haben das bereits verlernt. Ich mache die Stichprobe: Nur jedes fünfte Mädchen der unter Achtjährigen sagt Merci; bei den Buben ist es jeder zehnte. Voller Stolz packen sie die krumme Frucht. Schliesslich sind sie Stars. Sie haben eben 1,6 Kilometer hinter sich, ohne elterliche Begleitung.


Es kommen die Teddys, dann die Pandas, die Koalas, die Grizzlys. Es geht Schlag auf Schlag. Langweilig wird es nicht. Edith Loosli, die Speakerin am Ziel, hält uns bei Laune. Sie holt Promis ans Mikrofon. Ich höre SVP-Nationalrat Albert Rösti, wie er via Lautsprecher der Organisation ein Kränzchen windet. Ich höre SP-Nationalrätin Margret Kiener Nellen, kann ihr aber nicht zuhören, da gerade Irène, eine Nachbarin, ins Ziel kommt. Womöglich erzählt die Nationalrätin, wie sie ihren Lauf optimierte. Die Zeit vergeht wie im Fluge.


Schon kommen jene mit den Stöcken. Das wäre die Disziplin, die mir der Orthopäde ans Herz legt. Dann doch lieber Bananen verteilen.


Die Schnellsten vom Zehnmeilenlauf sind im Ziel. Sie kommen vereinzelt. «Was, du bist schon da?», rufe ich Dominic Ramel zu. Der Leiter der BZ-Redaktion in Langenthal braucht nur gerade 1:02 Stunden. Nach und nach bevölkert sich der Zieleinlauf.


Ein Parlamentarier nach dem andern erzählt mir sein Befinden. Das ist Networking pur; ergiebiger als in der Wandelhalle. GLP-Grossrat und Alt-Stadtrat Michael Köpfli nimmt diesmal nur zwei Bananen, nachdem er im Vorjahr fünf benötigt hat. BDP-Nationalrat Lorenz Hess verrät, dass er mit seinen 1:21 durchaus zufrieden sei, obschon seine Bestleistung bei 1:01 liege. SP-Ständerat Hans Stöckli versichert, dass er auch den Hunderter von Biel mache. Ich frage: «Mit Übernachtung?» Er findet, ich sei «e fräche Cheib».


«Du siehst super aus, Jüre.» Ich weiss, BZ-Kollege Jürg Steiner tut diese Aufmunterung gut, dabei muss ich nicht mal lügen. Ich erinnere mich an seinen vorauseilenden Liveticker in der Samstagsausgabe dieser Zeitung. Sein Text bestärkt mich in meinem Vorhaben, auch im nächsten Jahr Bananen zu verteilen. Gelenke schinden ist zumindest für mich die schlechtere Alternative.


Erschienen in der Berner Zeitung am 11. Mai 2015

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