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Nicht alle Pensionskassen stehen im Wettbewerb

Werden die öffentlich-rechtlichen Pensionskassen benachteiligt? Ja, findet der Obwaldner Mitte-Ständerat Erich Ettlin, zumindest was Artikel 46 Absatz 3 der Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2) betrifft. Der Artikel definiert, wieweit Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen höhere Leistungen gewähren dürfen, auch wenn die Wertschwankungsreserven nicht vollständig geäufnet sind.

 

Dieser Gesetzesartikel wurde geschaffen, damit Vorsorgeeinrichtungen aus Konkurrenzüberlegungen nicht zu hohe Leistungen versprechen, die sie aufgrund ihrer finanziellen Lage gar nicht versprechen dürften.  Erste Priorität sollte die Äufnung der Schwankungsreserven haben.

 

Und jetzt wirds technisch: «Als Leistungsverbesserung nach Art. 46 BVV 2 gilt jede Verzinsung der Altersguthaben der aktiven Versicherten, die höher ist als der im Bericht zur finanziellen Lage der OAK BV publizierte gewichtete Durchschnitt der technischen Zinssätze der Vorsorgeeinrichtungen ohne Staatsgarantie und ohne Vollversicherungslösung, gerundet auf ein Viertelprozent». Nachzulesen ist dieser Satz in den Mitteilungen der Oberaufsichtskommission (OAK) vom 25. September 2023. Noch nicht als Leistungsverbesserung nach Art. 46 BVV 2 gilt in jedem Fall der vom Bundesrat beschlossene BVG-Mindestzinssatz.

 

Öffentliche PK's und der Wettbewerb

 

Nun steht aber in Artikel 46 Absatz 3 auch noch, dass Verbandseinrichtungen sowie Vorsorgeeinrichtungen mit mehreren wirtschaftlich oder finanziell eng miteinander verbundenen Arbeitgebern nicht unter diese Bestimmung fallen. Laut Erich Ettlin müsste dies aber auch für öffentlich-rechtliche Kassen gelten, weshalb er mit der Motion 24.3372 den Bundesrat beauftragt, die Verordnung entsprechend anzupassen. Was der Bundesrat dazu meint, war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt.

 

Der Grund der Ausnahmeregelung liegt darin, dass besagte Vorsorgeeinrichtungen nicht im Wettbewerb mit anderen Pensionskassen stehen. Zudem würden die Arbeitgebenden solcher Pensionskassen vorsichtiger agieren, da sie im Sanierungsfall direkt verantwortlich sind und Geld einschiessen müssten. «Dieselbe Argumentation gilt aber auch für Pensionskassen, deren Stifterin oder Gründerin ein Gemeinwesen ist», schreibt Ettlin in seiner Motion, die er Mitte März einreichte. Deshalb müssten auch diese von der Bestimmung in Artikel 46 BVV 2 ausgenommen werden, da ansonsten eine Ungleichbehandlung besteht. «Auch hier haben die Arbeitgebenden alles Interesse, dass ihre Vorsorgeeinrichtung nicht in finanzielle Schwierigkeiten gerät.»

 

Angriff auf Papi-Renten

 

Der von vielen empfundene Schock der Abstimmung zur 13.AHV-Rente ist noch nicht verdaut, als im Nationalrat ein weiteres emotionales Thema traktandiert war: die Abschaffung der Alterskinderrenten bei gleichzeitiger Erhöhung der Ergänzungsleistungen für Eltern mit Unterhaltspflichten. Anlass ist die Motion 24.3004 der nationalrätlichen Sozial- und Gesundheitskommission (SGK-N), die Mitte Januar 2024 eingereicht und in der Februarausgabe von «Schweizer Personalvorsorge» thematisiert wurde.

 

Dieser Vorstoss betrifft ebenfalls die 2. Säule, wenn auch nicht im gleichen Ausmass. Laut Art. 17 BVG haben Versicherte, denen eine Altersrente zusteht, für jedes Kind bis 18 Jahren Anspruch auf eine Kinderrente, mitunter auch Papi-Renten genannt, weil aus biologischen Gründen mehrheitlich Väter davon profieren. Für Kinder in Ausbildung gilt der Anspruch sogar bis zur Vollendung des 25 Altersjahr. Wie aber in diesen Spalten berichtet, können sich Vorsorgeeinrichtungen von dieser Zahlungspflicht entbinden, sofern die überobligatorischen Leistungen gemäss dem Anrechnungsprinzip genügend hoch sind.

 

Gemäss der Sozialministerin Elisabeth Baume-Schneider ist die Abschaffung der Alterskinderrenten vor dem Hintergrund der Chancengleichheit der Kinder nicht gerechtfertigt. Der Bundesrat habe in den letzten Jahren mehrmals die Aufhebung der Altersrenten geprüft, erklärt sie in der Ratsdebatte. Gemäss einer Studie von 2019 lebten Kinder dank dieser Alterskinderrenten nicht in ungünstigeren wirtschaftlichen Verhältnissen als Kinder, deren Eltern noch erwerbstätig sind.

 

In der Debatte erinnert FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt daran, dass knapp ein Drittel der AHV-Kinderrenten ins Ausland überwiesen werden - dies im Gegensatz zu den Kinderzulagen. Bei der Einführung der AHV-Kinderrenten im Jahr 1964 seien die Kinderenten ein sinnvolles Instrument gewesen. Doch heute sei die Ausgestaltung der AHV-Kinderrenten nicht sinnvoll. «Heutzutage sind es im Vergleich zum Jahr der Einführung der Alterskinderrente nicht mehr die Pensionierten, sondern die jungen Familien und Kinder, die armutsgefährdet sind.»

 

Es gibt auch Mami-Renten

 

Für die Gegner der Motion setzte sich vor allem Manuela Weichelt ins Zeug. Die grüne Zugerin gibt zu bedenken, dass nicht nur Männer Anspruch auf Alterskinderrenten hätten, wie das aus biologischen Gründen kolportiert wird. «Dass also Frauen, die mit 41 Jahren oder mehr ein Kind auf die Welt bringen, ebenfalls pensioniert sind, bevor das Kind 25 Jahre alt ist und bevor es allenfalls die Ausbildung abgeschlossen hat. 41 plus 25 ergibt 66», rechnet die Manuela Weichelt vor.

 

Der Nationalrat stimmte der Motion in der zurückliegenden Frühjahrssession mit 117 zu 62 Stimmen zu. Bemerkenswert ist hier noch der Hinweis, dass die grünliberale Melanie Mettler, die in der Kommission noch mit den Linken die Motion ablehnte, im Plenum nun der Motion zustimmte.

 

Die Linken und die Säule 3a

 

Anderes Thema: 35 Mia. Franken liegen bei Freizügigkeitsstiftungen und rund 90 Mia. Franken bei Säule-3a-Stiftungen. Aber nur bis 100'000 Franken sind pro Versicherte geschützt. Peter Hegglin will mit der Motion 23.3604 diese Limite aufheben. Ausserdem sollen bei einem Konkurs die Auszahlung der Vorsorgeguthaben an die Vorsorgestiftungen ausserhalb der Kollokation erfolgen. In der zurückliegenden Herbstsession stimmte der Ständerat der Motion mit 37 zu 0 Stimmen zu, und die nationalrätliche Wirtschaftskommission (WAK) beantragte mit 21 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen ebenfalls mit grossem Mehr die Motion anzunehmen. Obschon der Bundesrat die Sache lieber im Rahmen der Too-big-to-fail-Regulierung evaluieren wollte, schien die Abstimmung im Nationalrat nur noch Formsache zu sein. Sie war es auch, aber nicht ohne Nebengeräusche: 131 stimmten dafür; doch 51 Grüne und SP-Mitglieder enthielten sich der Stimme. Warum wohl? Ihnen liegt nicht daran, die Selbstvorsorge zu fördern.

 

 

 

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Erschienen in «Schweizer Personalvorsorge» Mitte April 2024


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