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Umwandlungssatz? Keine Ahnung

Noch dieses Jahr stimmen wir einmal mehr über die Revision des BVG ab. Die Vorlage ist komplex. Viel zu komplex.


Am 7. März 2010 fand eine denkwürdige Abstimmung zur 2. Säule statt. Es ging um nichts anderes als um die Senkung des gesetzlichen Mindestumwandlungssatzes von 6,8 auf 6,4 Prozent. 73 Prozent der Stimmbevölkerung wollten davon nichts wissen. Die Gewerkschaften suggerierten mit ihrem Slogan «Gegen den Rentenklau», es würden auch laufende Renten gekürzt, was so nicht stimmte und verständlicherweise zu einer ablehnenden Haltung führte.  

 

Aber auch künftige Renten wären nur in den wenigsten Fällen gekürzt worden, weil um die 80 Prozent der Vorsorgeeinrichtungen überobligatorische Guthaben besitzen. Mit diesen Guthaben hätte man die Kürzung auf dem obligatorischen Teil in den meisten Fällen auffangen können.

 

Ich erinnere mich noch gut an die «Arena» im Schweizer Fernsehen, als die Abstimmung thematisiert wurde. Kein Wort davon, was das bei umhüllenden Kassen - eben solche mit überobligatorischen Guthaben - bedeutet. Aber: Wie hätte man dies dem Fernsehzuschauer erklären sollen?

 

Die Beratungsfirma Axa Investors Managers führt regelmässig Befragungen über das Wissen der Bevölkerung zu Vorsorgethemen durch. Ein Jahr nach besagter Abstimmung wollte sie unter anderem herausfinden, ob Herr und Frau Schweizer wissen, was der Umwandlungssatz überhaupt ist.

 

Die Befragten mussten ihn nicht erklären. Das blieb ihnen erspart. Sie hatten lediglich die Frage zu beantworten, ob folgende Aussage stimmt: «Mit dem sogenannten Umwandlungssatz berechnet man die jährliche Rente in Prozent des Alterskapitals. Bei einem Alterskapital von 100'000 Franken und einem Umwandlungssatz von 6,8 Prozent ergibt sich eine jährliche Rente von 6800 Franken.»

 

Lediglich 43 Prozent wussten, dass die Aussage richtig ist; 42 Prozent wussten es nicht und 15 Prozent meinten, die Aussage sei falsch. Und dies - nochmals - ein Jahr nach der Abstimmung.

 

Was sagt uns dies? Faktisch stimmte die Bevölkerung über den Umwandlungssatz ab, ohne zu wissen, was es damit auf sich hat.

 

Wohl könnte man einwenden, dass diejenigen Leute, die sich an die Urne bemühten, kaum deckungsgleich sind mit denjenigen, die per Telefon befragt wurden. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Bundesbern mit der 2. Säule ein höchst komplexes und für Laien schwer verständliches Konstrukt gebaut hat.

 

Und jetzt stimmen wir ein drittes Mal über eine Senkung des gesetzlichen Mindestumwandlungssatzes ab. Er liegt immer noch bei 6,8 Prozent, soll aber nicht auf 6,4, sondern auf 6 Prozent gesenkt werden. Anders als vor 14 Jahren kommt die Übergangsgeneration diesmal zu grosszügigen Kompensationen. Niemand soll eine Renteneinbusse in Kauf nehmen müssen.

 

Das sagen die Befürworter. Die Gegner behaupten das Gegenteil. Und dann geht es ja auch noch um den Koordinationsabzug, um die Eintrittsschwelle und um die emotionale Frage, was das Ganze für Frauen bedeutet.

 

Ob das Stimmvolk diesmal weiss, über was genau bei der BVG-Revision abgestimmt wird? Die Frage ist rhetorisch. Die Antwort ergibt sich von selbst.


Erschienen am 23. Januar 2024 auf der Website der Fachschule für Personalvorsorge


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